Da ich vor kurzem dannach gefragt wurde, dachte ich mir ich schreib einfach mal auf, was ich dazu weiß.
Also die Frage: Wieviele Schachweltmeister waren schon in Bensheim und was sind ihre Namen ? Und so einfach ist das gar nicht zu beantworten.
Weltmeister Nummer #1
Defintiv in Bensheim war Anatoli Karpow, im Jahr 1983 gab er eine Simultanvorstellung im Casino der Sparkasse. Organisiert wurde das von seinem damaligen "DeutschlandManager" Alfred Kinzle, damals ehem. Präsident des deutschen Schachbundes. Durch die Ausrichtung der Deutschen Blitzmeisterschaft 1981 in den gleichen Räumen hatte er noch Kontakte zu Bensheim und der Sparkasse. Karpow war zu dieser Zeit noch amtierender Schachweltmeister und nagte bestimmt nicht am Hungertuch, aber die heutigen Preisgelder waren damals noch utopisch und insbesondere "Westdevisen" waren in Osteuropa sehr wertvoll. So ging Karpow auf Simultantour und machte in Bensheim Station.
Kurios ist schon der Ankündigungsflyer, der das Ereignis ins Jahr 1982 datiert. Aber der 29.8.1982 war kein Montag und alle anderen Dokumente datieren das Ereignis ins Jahr 1983. Unter den Simultangegnern finden sich einige auch heute noch bekannte Namen.
Das Ereignis schlug überregionale Wellen bis in die Boulevard-Presse, weil der damals 16 jährige Peter Klings aus Heppenheim den Weltmeister schlagen konnte. Die Bildzeitung machte ihn dazu einfach mal 2 Jahre jünger :-) und auch die Frankfurter Nachtausgabe berichtete.
Peter Klings lebt heute in St. Gallen, spielt aber noch gelegentlich für Freibauer Mörlenbach in der Oberliga.
Und Steffen Jakob konnte noch die Partie beisteuern.
Weitere Presseartikel und Fotos von damals dann weiter unten zum Nachlesen.
Weltmeister Nummer #2
Der zweite Weltmeister in Bensheim ist dann schon weniger gut dokumentiert und die Geschichte basiert auf allerdings ernstzunehmenden Gerüchten. Mitte der 1980er Jahre hatten wir mit Petra Stadler eine junge Frau aus Seeheim als neues Mitglied, die sich sehr für Schachspieler begeisterte. Was lag da näher als Bobby Fischer zu kontaktieren und dessen Bekanntschaft zu suchen. Gesagt, getan und nach einem Briefwechsel und einem Besuch in Kalifornien, weilte Bobby Fischer im Jahr 1990 für einige Monate bei Petra in Seeheim Jugenheim. Beschrieben ist das alles in Ihrem Buch "Bobby Fischer - wie er wirklich ist - Ein Jahr mit dem Schachgenie", das Sie 1995 veröffentlichte. Darin sind kuriose Episoden beschrieben, zum Beispiel der Besuch im Schachladen von Rudi Schmaus in Heidelberg oder als Bobby eine Nacht mit Boris Spassky im gleichen Bett (oder zumindest Zimmer) verbrachte.
Zumindest liegt Bensheim schon mal auf dem Weg von Seeheim nach Heidelberg. Allerdings nicht in dem Buch enthalten ist die Geschichte, daß Petra versuchte Bobby zur Teilnahme an unserem monatlichen Blitzturnier zu bewegen. Schon in Spiellokalnähe (damals spielten wir im Clubraum des Bürgerhauses) soll er in letzter Minute gekniffen haben, da er befürchtete enttarnt zu werden. Insbesondere von Schachspielern. Sein Versteckspiel vor der Presse aus jener Zeit ist ja hinlänglich dokumentiert, z.B. später in der Pulvermühle bei Bamberg als Gast der Familie Bezold (u.a. GM Michael Bezold), wo er letztlich Hals über Kopf fliehen musste.
Petra Stadler heiratete 1992 den Großmeister Rustem Dautov und lebte mit ihm weiterhin in Seeheim.
Weltmeister #3, #4, #5, #6, #7
Überhaupt nicht dokumentiert sind die Besuche weiterer Weltmeister. Auch muß man hier eher von "Durchfahrenden" ausgehen. Bekanntlich führt durch Bensheim die Autobahn A5 eine wichtige Nord-Süd Achse. Daher ist anzunehmen das zumindest folgende Weltmeister schon über Bensheimer Gemarkung gefahren sind, auf Ihrem Weg vom Flughafen zu Bundesligaspielen in Baden-Baden oder zum großen Grenke Open in Karlsruhe: Viswanathan Anand, Magnus Carlsen, Rustam Kazimdshanov und möglichweise auch Alexander Chalifman und Ruslan Ponomariov. Aber das ist natürlich alles Spekulation.
Und hier weitere Zeitdokumente vom Karpow Simultan:
So sahen damals Veranstaltungsplakate aus, war aber wohl auch alles sehr kurzfristig organisiert worden
Zu erkennen sind Hans Blechner (Bensheim), Hans Esterluss, Peter Treffert (beide Lorsch), Werner Riebel (Reichenbach) (vlnr)
zu erkennen sind Arnold Hemman (weißes Hemd) und Alexander Stromer (hellblau gestreift), im obereren rechten Bild unter den Zuschauern im blauen Pulli mit Bart Gerhard Wahlig (Biblis); Wer erkennt weitere Personen ???
Oberes Bild: Peter Treffert (Lorsch), Werner Riebel, Gerhard Fritsch (beide Reichenbach), Karl Heinz Honacker (Auerbach),
Mittleres Bild Gerhard Fritsch
Unteres Bild: Dolmetscher, Bernd Fugmann, Anatoli Karpow
Man beachte die Kugellampen im Stil der 70er Jahre. Und rauchen war damals noch erlaubt (siehe die Dame im roten Kleid) und an jedem Brett ein Aschenbecher, heute undenkbar.